Sonntag, 23. Dezember 2007

Ninette de Valois: Die Primaballerina aus Irland

Leseprobe aus der CD-ROM "Superfrauen: 14 Bücher auf einer CD-ROM" von Ernst Probst:

NinettedeValois

Als eine der besten Tänzerinnen der Welt gilt die aus Irland stammende Künstlerin Ninette de Valois (1898-2001), geborene Edris Stannus. Sie verwirklichte ihren Traum von einem englischen Nationalballett mit angeschlossener Tanzakademie. Dort bot man jungen Tänzerinnen eine gründliche Ausbildung, frühzeitige Bühnenerfahrung und berufliche Sicherheit durch ein festes Ensemble.

Edris Stannus kam am 6. Juni 1898 als Tochter eines Offiziers in Baltiboys (Grafschaft Wicklow) zur Welt. Sie stammte aus einer Soldaten- und Seemannsfamilie. Ihr Vater Thomas Stannus wurde später Oberstleutnant. Die ersten prägenden Jahre ihrer Kindheit verbrachte sie zusammen mit drei Geschwistern in Irland. 1906 zogen die Eltern mit der achtjährigen Edris und den anderen Kindern nach England. Zunächst wohnte Edris bei ihrer Großmutter in Walmer bei Deal.

Nach dem spontanen Auftritt der sonst eher schüchternen Edris vor den Gästen einer Kindergesellschaft wurde ihre Mutter auf ihr tänzerisches Talent aufmerksam. Danach erhielt Edris regelmäßig Ballettunterricht. 1911 ging die Familie nach London, wo die 13-Jährige die Theaterschule „Lila Field Academy for Children“ besuchte.

Ab dem Alter von 14 Jahren trat Edris unter dem von ihrer Mutter erdachten Pseudonym „Ninette de Valois“ mit dem Ensemble ihrer Theaterschule zwei Jahre lang bei Tourneen in britischen Badeorten auf. Damals bezeichnete man sie bereits in Anlehnung an die große russische Tänzerin Anna Pawlowa (1881–1931) scherzhaft als „Miniatur-Pawlowa“. Einer ihrer Lehrer war der berühmte Tanzpädagoge Enrico Cecchetti (1850–1928).

Als 16-jähriger Teenager bekam Ninette ein Engagement am Londoner „Lyzeum-Theater“. Es folgten verschiedene Tourneen durch das ganze Land. 1918 stieg sie zur ersten Tänzerin der „British National Opera Company“ auf und im Sommer 1919 zur Primaballerina der „Covent Garden Opera“. Danach sah man sie unter anderem auch in mehreren amerikanischen Revuen wie „Laughing Eyes“, „Oh Julie“ und „Jazzaganza“.

1923 schloss sich Ninette de Valois in Monte Carlo (Monaco) dem berühmten „Ballets Russes“ des russischen Ballettdirektors Sergej Diaghilew (1872–1929) an, das von Mitgliedern des früheren Sankt Petersburger Balletts gegründet worden war. In dieser Truppe erhielt sie durch die Ballettmeisterin Bronislava Nijinska (1892–1972) entscheidende Impulse für ihre eigene choreographische Arbeit.

Im Jahre 1926 verließ Ninette de Valois das „Ballet Russes“ und eröffnete im Londoner Stadtteil Kensington die „Academy of Choreographic Art“ („Akademie für choreographische Kunst“). Diese bot außer Training für klassischen Tanz auch Kurse in Bühnenmalerei, Beleuchtung, Musik und Volkstanz an und verfügte sogar über eine Bibliothek. Gleichzeitig arbeitete Ninette an der irischen Ballettschule in Dublin und für die Cambridge-Festspiele.

1927 schloss sich Ninette de Valois mit Lilian Baylis (1874–1937), der Direktorin des „Old Vic Theaters“, die Stücke von William Shakespeare (1564–1616) und Opern zu niedrigen Preisen aufführte, zusammen. Ninette unterrichtete die Mitglieder der „Old Vic-Theaterschule“ in Bewegungslehre und studierte ein Ballett ein. Außerdem übernahm sie 1927 die choreographische Leitung am „Cambridge Festival Theatre“ und ging als Leiterin der Ballettschule und Choreographin zu William Butler Yeats (1865–1939) an die „Irische Ballettschule“ nach Dublin.

Die „Old Vic-Theaterschule“ wurde 1931 dem neueröffneten „Sadler’s Wells-Ballet“, der ersten ständigen englischen Ballettruppe, angegliedert und Ninette de Valois deren Direktorin. Auf Gastspielreisen durch die britische Provinz folgten bald Europa- und Welttourneen. Nebenher verfasste Ninette Artikel über ihre Ansichten einer Weiterentwicklung des britischen Balletts und hielt Vorträge.

Im Sommer 1935 heiratete Ninette de Valois den Arzt Dr. Arthur Connell. Ihren Mann vernachlässigte sie trotz ihrer starken Arbeitsbelastung und ihrer langen Auslandsaufenthalte nicht. An Wochenenden zog sie sich nach Berkshire zurück und kochte Sonntagsbraten. 1937 erschien ihr Buch „Invitation to the Ballet“.

Bei einer „kulturellen Propagandatour“ durch die neutralen Niederlande wurde Ninette de Valois von der Besetzung Hollands durch deutsche Soldaten überrascht. Sie musste ihre persönliche Habe und die Ausstattung für mehrere Ballette zurücklassen und floh auf abenteuerlichen Wegen von Den Haag an die Küste auf ein überfülltes Boot.

Das „Sadler’s Wells Ballet“ erhielt 1946 in der „Covent Garden Opera“ eine ständige Heimat, während am alten „Sadler’s Wells-Theater“ noch eine zweite Truppe gebildet wurde. 1947 erhob man Ninette de Valois in den britischen Adelsstand und 1951 ernannte man sie zur „Dame“. 1957 wurde ihre Autobiographie „Come Dance with Me“ veröffentlicht. Das Ensemble der „Covent Garden Opera“ hieß ab 1957 „Royal Ballet“ und wurde von Ninette geleitet. 1959 schlossen sich beide Ensembles als „The Royal Ballet at Covent Garden“ zusammen.

1963 trat Ninette de Valois als Direktorin des „Royal Ballet“ zurück, wurde jedoch Gouvernor (Präsidentin) sowohl des „Royal Ballet“ als auch der „Royal Ballet School“. Auf Wunsch der türkischen Regierung wirkte sie mehr als 20 Jahre lang beim Aufbau eines Nationalballetts mit. Dabei machte sie die Erfahrung, dass in der Türkei die Eltern dazu überredet werden müssen, dass auch Mädchen Tänzerinnen werden können.

Ninette de Valois starb am 8. März 2001 im biblischen Alter von 102 Jahren. Die Tageszeitung „Die Welt“ schrieb im Nachruf über die „Mutter des englischen Balletts“: „Sie war die Konstante in des Balletts sprichwörtlicher Erscheinungen Flucht, tatsächlich eine Jahrhundert-Figur“.

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