Leseprobe aus der CD-ROM "Superfrauen: 14 Bücher auf einer CD-ROM" von Ernst Probst:
Zu den berühmtesten Tänzerinnen des 19. Jahrhunderts zählte die österreichische Künstlerin Fanny Elßler (1810–1884), eigentlich Franziska Elßler. Sie und die italienische Tänzerin Carlotta Grisi (1819–1899) sowie die schwedisch-italienische Tänzerin Marie Taglioni (1804–1884) gelten als die drei bedeutendsten Primaballerinen der Romantik.
Franziska („Fanny“) Elßler kam am 23. Juni 1810 in Gumpendorf bei Wien zur Welt. Ihr Vater Florian Elßler verdingte sich vor ihrer Geburt aus Not sogar aushilfsweise als Scharfrichter. Er lief aber davon, als er dem ersten zum Tod Verurteilten die Schlinge um den Hals knüpfen sollte, ohne jemals sein grausiges Amt ausgeübt zu haben.
Später wurde Florian Elßler Kammerdiener und Notenkopist des österreichischen Komponisten Joseph Haydn (1732–1809), in dessen Hofkapelle schon Florians Vater als Geiger gespielt hatte. Nach Haydns Tod geriet die Familie Elßler in finanzielle Schwierigkeiten. Fannys Mutter musste als Waschfrau zum Lebensunterhalt beitragen.
Bereits im Alter von sieben Jahren traten Fanny und ihre zwei Jahre ältere Schwester Therese Elßler (1808–1878) in die Ballettschule des „Wiener Hoftheaters“ am Kärntnertor ein. Fanny war temperamentvoll, Therese still, beherrscht und fast ein wenig scheu. Beide studierten bei dem französischen Ballettmeister Jean Aumer (1774–1833).
Fanny Elßler war erst 14 Jahre alt, als der Direktor des „Teatro San Carlo di Napoli“ (Italien), Domenico Barbaja (1778–1841), sie und ihre 16-jährige Schwester engagierte. In Neapel arbeitete Fanny von 1824 bis 1826 und verbesserte dabei ihre Technik. Während dieser Zeit wurde sie die Geliebte Leopolds Prinz von Salerno (1790–1851), bekam mit 17 Jahren ein Kind und steckte dieses in ein Pflegeheim, damit sie sich weiter der Kunst widmen konnte.
Die beispiellosen Erfolge von Fanny und Therese Elßler begannen 1830 in der preußischen Hauptstadt Berlin, die bereits damals als bedeutendes Kulturzentrum galt. Dorthin hatte ein hochgestellter Verehrer der 19-jährigen Fanny, der 65 Jahre alte deutsche Intellektuelle Frederick von Gentz (1764–1832), ein Engagement vermittelt.
Als 23-Jährige brachte Fanny Elßler ihr zweites Kind zur Welt, das sie nach ihrer Schwester Therese benannte. Harriet Grote, die Frau eines britischen Parlamentsmitglieds, zog die kleine Therese auf und führte sie später in die höhere Gesellschaft Großbritanniens ein.
Durch ihre Auftritte in London erregte Fanny Elßler weltweit Aufsehen. Auch der Direktor der Pariser Oper, Dr. Louis-Désiré Véron (1798–1867), wurde auf sie aufmerksam und holte sie in die französische Hauptstadt, wo sie die Konkurrentin der schwedisch-italienischen Tänzerin Marie Taglioni wurde. Bevor Fanny in Paris ihr erfolgreiches Debüt gab, trainierte sie drei Wochen lang hart mit dem Tänzer Auguste Vestris (1760–1842).
1834 heiratete Fanny Elßler den Publizisten, Politiker und Operndirekor Dr. Louis-Désiré Véron. 1836 präsentierte sie in Paris als erste den spanischen Solotanz Cachucha im Dreivierteltakt mit Kastagnettenbegleitung. Der französische Dichter und Kritiker Theophile Gautier (1811–1872) schrieb darüber: „Sie wagt, was vor ihr von keiner Tänzerin gewagt worden ist: als erste bringt sie die Cachucha, fast ohne ihr das natürliche Aroma zu nehmen, auf die prüde Opernbühne“. Später eroberte Fanny mit den feurigen Nationaltänzen Polka aus der Tschechoslowakei und Krakowiak aus Polen die Bühne.
Fanny Elßlers Konkurrentin Marie Taglioni wurde 1838 klar, dass sie an der Pariser Oper nicht mehr der einzige Star war. Sie schloss einen lukrativen Vertrag mit dem kaiserlichen Ballett in Sankt Petersburg (Russland) und verließ Paris. Dadurch stieg Fanny Elßler zum alleinigen Star der Pariser Oper auf. Für sie choreographierte der italienische Tänzer und Choreograph Jean Coralli (1779–1854) das Stück „Le Diable Boiteux“ und der französische Tänzer, Choreograph und Ballettmeister Joseph Mazilier (1801–1868) „La Gypsy“.
Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere unternahm Fanny Elßler 1840 eine Tournee durch die USA. Zu ihren Ehren gab der Kapitän des Passagierschiffes „The Great Western“ eine Dinner Party, wobei Fanny den Fehler beging, alle ihre kostbaren Juwelen zu tragen. Später wurde sie in ihrer Kabine von einem mit einem Messer bewaffneten Seemann attackiert, der sie ausrauben wollte. Fanny trat ihn mit solcher Kraft, dass der Angreifer drei Tage später starb.
In Washington, D. C., wurde Fanny Elßler von dem amerikanischen Präsidenten Martin van Buren (1782–1862) in einer offiziellen Audienz empfangen. Der US-Kongress musste jeden Abend, an dem Fanny tanzte, seine Sitzung verschieben, weil die meisten seiner Mitglieder die Vorstellung sehen wollten und deswegen keine Beschlüsse mehr gefasst werden konnten. Bei einem Bankett tranken Kongressmitglieder aus Fannys Ballettschuhen. Der Sohn des Präsidenten wurde ihr ständiger Begleiter.
Wenn Fanny Elßler zu ihren Auftritten im „New York’s Park Theatre“ fuhr, spannten Fans die Pferde von ihrer Kutsche ab und zogen sie eigenhändig durch die Straßen der Stadt. Dies wurde bald an jedem Abend zur Tradition. In West Point musste Fanny jedesmal erst vor ihren Wächtern auftreten, bevor diese sie zur Vorstellung begleiteten.
Die Amerika-Tournee brachte Therese Elßler finanziell so viel ein, dass sie ihren von der Pariser Oper gewährten Urlaub um mehr als ein Jahr überziehen und dafür eine entsprechende Konventionalstrafe bezahlen konnte. Nach zweijährigem Aufenthalt in den USA trat Fanny 1842 in Boston Harbor die Rückreise nach Europa an. Dort kam eine riesige Menschenmenge an den Pier, um die Tänzerin zu verabschieden.
Nach der Rückkehr in Europa warf die Pariser Oper Fanny Elßler die Verletzung ihres Vertrages vor und kündigte ihr. Dies kümmerte die Tänzerin wenig, weil sie in der Folgezeit zahlreiche Gastspiele in anderen Ländern gab. Ab 1848 tanzte die 38-jährige Fanny in Russland, wo sie innerhalb von zwei Jahren ingesamt 103 Vorstellungen gab, ehe sie nach Westeuropa zurückkehrte.
Im Juni 1851 gab Fanny Elßler mit dem Stück „Faust“ des französischen Tänzers und Ballettmeisters Jules Perrot (1810–1892) in Wien ihre letzte Vorstellung. Danach zog sie sich – noch auf voller Höhe ihres tänzerischen Könnens – ins Privatleben zurück, lebte mit ihrer Tochter Therese zunächst in Hamburg und ab 1855 wieder in Wien.
Fannys auf der Bühne nicht ganz so erfolgreiche Schwester Therese heiratete 1857 den Prinzen Adalbert von Preußen (1811–1873) und wurde zur „Freifrau von Barnim“ geadelt. Thereses einziger Sohn starb als Jüngling während einer Afrikareise.
Die wohlhabende Fanny Elßler starb am 27. November 1884 im Alter von 74 Jahren in Wien. Zur Erinnerung an die legendäre Tänzerin ist das 1988 am Galgenberg von Stratzing bei Krems entdeckte früheste Kunstwerk Österreichs von der Ausgräberin Christine Neugebauer-Maresch als „Fanny – die tanzende Venus von Galgenberg“ bezeichnet worden. Dabei handelt es sich um eine 7,2 Zentimeter hohe, steinerne, mehr als 31000 Jahre alte Frauenfigur, die mit ihrem erhobenen linken Arm, dem gedrehten Körper und den getrennten Beinen grazil und tänzerisch wirkt.
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Leseprobe aus der CD-ROM "Superfrauen: 14 Bücher auf einer CD-ROM" von Ernst Probst:
Zu den berühmtesten Tänzerinnen des 19. Jahrhunderts zählte die österreichische Künstlerin Fanny Elßler (1810–1884), eigentlich Franziska Elßler. Sie und die italienische Tänzerin Carlotta Grisi (1819–1899) sowie die schwedisch-italienische Tänzerin Marie Taglioni (1804–1884) gelten als die drei bedeutendsten Primaballerinen der Romantik.
Franziska („Fanny“) Elßler kam am 23. Juni 1810 in Gumpendorf bei Wien zur Welt. Ihr Vater Florian Elßler verdingte sich vor ihrer Geburt aus Not sogar aushilfsweise als Scharfrichter. Er lief aber davon, als er dem ersten zum Tod Verurteilten die Schlinge um den Hals knüpfen sollte, ohne jemals sein grausiges Amt ausgeübt zu haben.
Später wurde Florian Elßler Kammerdiener und Notenkopist des österreichischen Komponisten Joseph Haydn (1732–1809), in dessen Hofkapelle schon Florians Vater als Geiger gespielt hatte. Nach Haydns Tod geriet die Familie Elßler in finanzielle Schwierigkeiten. Fannys Mutter musste als Waschfrau zum Lebensunterhalt beitragen.
Bereits im Alter von sieben Jahren traten Fanny und ihre zwei Jahre ältere Schwester Therese Elßler (1808–1878) in die Ballettschule des „Wiener Hoftheaters“ am Kärntnertor ein. Fanny war temperamentvoll, Therese still, beherrscht und fast ein wenig scheu. Beide studierten bei dem französischen Ballettmeister Jean Aumer (1774–1833).
Fanny Elßler war erst 14 Jahre alt, als der Direktor des „Teatro San Carlo di Napoli“ (Italien), Domenico Barbaja (1778–1841), sie und ihre 16-jährige Schwester engagierte. In Neapel arbeitete Fanny von 1824 bis 1826 und verbesserte dabei ihre Technik. Während dieser Zeit wurde sie die Geliebte Leopolds Prinz von Salerno (1790–1851), bekam mit 17 Jahren ein Kind und steckte dieses in ein Pflegeheim, damit sie sich weiter der Kunst widmen konnte.
Die beispiellosen Erfolge von Fanny und Therese Elßler begannen 1830 in der preußischen Hauptstadt Berlin, die bereits damals als bedeutendes Kulturzentrum galt. Dorthin hatte ein hochgestellter Verehrer der 19-jährigen Fanny, der 65 Jahre alte deutsche Intellektuelle Frederick von Gentz (1764–1832), ein Engagement vermittelt.
Als 23-Jährige brachte Fanny Elßler ihr zweites Kind zur Welt, das sie nach ihrer Schwester Therese benannte. Harriet Grote, die Frau eines britischen Parlamentsmitglieds, zog die kleine Therese auf und führte sie später in die höhere Gesellschaft Großbritanniens ein.
Durch ihre Auftritte in London erregte Fanny Elßler weltweit Aufsehen. Auch der Direktor der Pariser Oper, Dr. Louis-Désiré Véron (1798–1867), wurde auf sie aufmerksam und holte sie in die französische Hauptstadt, wo sie die Konkurrentin der schwedisch-italienischen Tänzerin Marie Taglioni wurde. Bevor Fanny in Paris ihr erfolgreiches Debüt gab, trainierte sie drei Wochen lang hart mit dem Tänzer Auguste Vestris (1760–1842).
1834 heiratete Fanny Elßler den Publizisten, Politiker und Operndirekor Dr. Louis-Désiré Véron. 1836 präsentierte sie in Paris als erste den spanischen Solotanz Cachucha im Dreivierteltakt mit Kastagnettenbegleitung. Der französische Dichter und Kritiker Theophile Gautier (1811–1872) schrieb darüber: „Sie wagt, was vor ihr von keiner Tänzerin gewagt worden ist: als erste bringt sie die Cachucha, fast ohne ihr das natürliche Aroma zu nehmen, auf die prüde Opernbühne“. Später eroberte Fanny mit den feurigen Nationaltänzen Polka aus der Tschechoslowakei und Krakowiak aus Polen die Bühne.
Fanny Elßlers Konkurrentin Marie Taglioni wurde 1838 klar, dass sie an der Pariser Oper nicht mehr der einzige Star war. Sie schloss einen lukrativen Vertrag mit dem kaiserlichen Ballett in Sankt Petersburg (Russland) und verließ Paris. Dadurch stieg Fanny Elßler zum alleinigen Star der Pariser Oper auf. Für sie choreographierte der italienische Tänzer und Choreograph Jean Coralli (1779–1854) das Stück „Le Diable Boiteux“ und der französische Tänzer, Choreograph und Ballettmeister Joseph Mazilier (1801–1868) „La Gypsy“.
Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere unternahm Fanny Elßler 1840 eine Tournee durch die USA. Zu ihren Ehren gab der Kapitän des Passagierschiffes „The Great Western“ eine Dinner Party, wobei Fanny den Fehler beging, alle ihre kostbaren Juwelen zu tragen. Später wurde sie in ihrer Kabine von einem mit einem Messer bewaffneten Seemann attackiert, der sie ausrauben wollte. Fanny trat ihn mit solcher Kraft, dass der Angreifer drei Tage später starb.
In Washington, D. C., wurde Fanny Elßler von dem amerikanischen Präsidenten Martin van Buren (1782–1862) in einer offiziellen Audienz empfangen. Der US-Kongress musste jeden Abend, an dem Fanny tanzte, seine Sitzung verschieben, weil die meisten seiner Mitglieder die Vorstellung sehen wollten und deswegen keine Beschlüsse mehr gefasst werden konnten. Bei einem Bankett tranken Kongressmitglieder aus Fannys Ballettschuhen. Der Sohn des Präsidenten wurde ihr ständiger Begleiter.
Wenn Fanny Elßler zu ihren Auftritten im „New York’s Park Theatre“ fuhr, spannten Fans die Pferde von ihrer Kutsche ab und zogen sie eigenhändig durch die Straßen der Stadt. Dies wurde bald an jedem Abend zur Tradition. In West Point musste Fanny jedesmal erst vor ihren Wächtern auftreten, bevor diese sie zur Vorstellung begleiteten.
Die Amerika-Tournee brachte Therese Elßler finanziell so viel ein, dass sie ihren von der Pariser Oper gewährten Urlaub um mehr als ein Jahr überziehen und dafür eine entsprechende Konventionalstrafe bezahlen konnte. Nach zweijährigem Aufenthalt in den USA trat Fanny 1842 in Boston Harbor die Rückreise nach Europa an. Dort kam eine riesige Menschenmenge an den Pier, um die Tänzerin zu verabschieden.
Nach der Rückkehr in Europa warf die Pariser Oper Fanny Elßler die Verletzung ihres Vertrages vor und kündigte ihr. Dies kümmerte die Tänzerin wenig, weil sie in der Folgezeit zahlreiche Gastspiele in anderen Ländern gab. Ab 1848 tanzte die 38-jährige Fanny in Russland, wo sie innerhalb von zwei Jahren ingesamt 103 Vorstellungen gab, ehe sie nach Westeuropa zurückkehrte.
Im Juni 1851 gab Fanny Elßler mit dem Stück „Faust“ des französischen Tänzers und Ballettmeisters Jules Perrot (1810–1892) in Wien ihre letzte Vorstellung. Danach zog sie sich – noch auf voller Höhe ihres tänzerischen Könnens – ins Privatleben zurück, lebte mit ihrer Tochter Therese zunächst in Hamburg und ab 1855 wieder in Wien.
Fannys auf der Bühne nicht ganz so erfolgreiche Schwester Therese heiratete 1857 den Prinzen Adalbert von Preußen (1811–1873) und wurde zur „Freifrau von Barnim“ geadelt. Thereses einziger Sohn starb als Jüngling während einer Afrikareise.
Die wohlhabende Fanny Elßler starb am 27. November 1884 im Alter von 74 Jahren in Wien. Zur Erinnerung an die legendäre Tänzerin ist das 1988 am Galgenberg von Stratzing bei Krems entdeckte früheste Kunstwerk Österreichs von der Ausgräberin Christine Neugebauer-Maresch als „Fanny – die tanzende Venus von Galgenberg“ bezeichnet worden. Dabei handelt es sich um eine 7,2 Zentimeter hohe, steinerne, mehr als 31000 Jahre alte Frauenfigur, die mit ihrem erhobenen linken Arm, dem gedrehten Körper und den getrennten Beinen grazil und tänzerisch wirkt.
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