Donnerstag, 20. Dezember 2007

Isadora Duncan: Das Tanzwunder aus Irland



Leseprobe aus der CD-ROM "Superfrauen: 14 Bücher auf einer CD-ROM" von Ernst Probst:



Als Wegbereiterin des modernen sinfonischen Ausdruckstanzes rühmt man die amerikanische Künstlerin Isadora Duncan (1877–1927), geborene Angela Duncan. Sie entwickelte ein neues Körper- und Bewegungsempfinden, das sich am griechischen Schönheitsideal orientierte und setzte als Erste klassische Konzertmusik tänzerisch um. Als Gegnerin des klassischen Balletts versuchte sie, den Tanz der Antike wieder zu beleben.

Angela Duncan kam am 27. Mai 1877 als Tochter einer aus Irland in die USA eingewanderten Familie in San Francisco (Kalifornien) zur Welt. 1899 kehrte sie mit ihren Eltern nach Europa zurück. Als sich die Eltern scheiden ließen, wuchs Angela zusammen mit drei Geschwistern bei ihrer als Musiklehrerin arbeitenden Mutter in Armut, jedoch in einer von Liebe und Schönheit geprägten, musischen Atmosphäre auf.

Bereits als Zwölfjährige hielt Angela Duncan die Ehe für sinnlos. In ihren Memoiren schrieb sie später: „Die Benachteiligung der Frauen machte tiefen Eindruck auf mich, und das Schicksal meiner Mutter vor Augen beschloss ich damals schon, mein ganzes Leben im Kampf gegen die Ehe zu verbringen: ich wollte für die Frauenemanzipation, für das Recht jeder Frau eintreten, Kinder zu gebären, wann es ihr beliebte ...“.

Schon als Kind lehnte Angela Duncan das klassische Ballett ab und entwickelte einen eigenen Tanzstil. Mit 16 Jahren änderte sie ihren Vornamen in „Isadora“ ab. In Chicago und New York trat sie zum ersten Mal mit wenig Erfolg öffentlich auf.

Nach dem Verlassen der USA mit 21 Jahren feierte Isadora Duncan die ersten künstlerischen Erfolge in London. Ihr Aufstieg setzte sich in Paris fort und führte sie über Berlin und Moskau wieder nach Paris zurück. Auf Tourneen bereiste sie halb Europa und gastierte in den Metropolen Süd- und Nordamerikas.

Zusammen mit ihrer Schwester Elisabeth Duncan (1874–1948) gründete Isadora Duncan 1904 in Grunewald bei Berlin eine Internats-Tanzschule, in der Kinder kostenlos von frühester Jugend an in ihrem Sinne ausgebildet wurden. Körper, Seele und Geist der Schülerinnen sollten sich gleichermaßen entwickeln. Diese Schule übersiedelte später nach Darmstadt, Salzburg und München.

In Berlin verliebte sich Isadora Duncan in den britischen Schauspieler, Regisseur und Bühnenbildner Gordon Craig (1872–1966). Er wurde ihr Lebensgefährte, sie beglich seine alten Schulden und neuen Rechnungen und brachte 1906 die Tochter Deidre zur Welt. Nach einjähriger Liaison musste sie sich von ihm sagen lassen: „Es kann nicht ewig dauern“.

Bei ihren unvergessenen Auftritten zog Isadora Duncan ihr Publikum vom ersten Augenblick an in ihren Bann. Sie erschien vor einem großen blauen Bühnenvorhang, blieb lange unbeweglich stehen, näherte sich bei den ersten Takten der Musik mehr schreitend als tänzerisch der Rampe, hielt die Arme wie zur Bekrönung über den Kopf und wartete so lange, bis sie die Zuschauer in ihrer Gewalt hatte. Sie tanzte korsettlos und barfuß sowie in griechisch-römischen Gewändern, in Chiton und Tunika, die den Blick auf die entblößten Arme und Beine weitgehend freigaben.

Wegen Isadora Duncans spärlicher Bekleidung verließen in New York einmal 40 Damen zutiefst empört mitten in der Vorstellung das Theater. Die bei Sprüngen und dem Sichemporheben entstehenden natürlichen Körperbewegungen wurden von ihr so unterstrichen, dass sie wie eine Schwebende oder Fliegende wirkte, die jede Verbindung mit dem Boden vergessen ließ.

„Sie hatte etwas von einem großen Wind an sich. Auch wenn sie regungslos blieb, schien doch ihr Haar, ihre Kleidung, ja selbst die Luft um sie in Bewegung zu bleiben, gerade so, als hätte sich der Sturm durch den sie gelaufen ist, in ihren Haaren verfangen“, erinnerte sich die aus Russland stammende Choreographin Tatiana Gsovsky (1901–1992) an sie.

Nach Gordon Craig wurde der französische Nähmaschinen-Erbe Paris Singer (1867–1932) von 1910 bis 1913 der Lebensgefährte von Isadora Duncan. Er schenkte ihr Ohrringe aus zehn Diamanten als Morgengabe und richtete ihr und ihren Schülerinnen eine Villa an der Riviera ein. Noch im ersten Jahr ihrer Verbindung brachte sie 1911 ihr zweites Kind Patrick zur Welt.

Isadora Duncans Glück fand am 19. April 1913 jäh ein Ende, als die Kinder Deidre (7) und Patrick (2) bei einem Autounfall in Paris in die Seine stürzten und ertranken. Ihr Chauffeur hatte vergessen, die Handbremse anzuziehen, als er ausstieg, um den in einer Kurve stockenden Motor zu reparieren. Nach dem Tod ihrer Kinder begann Isadora Duncan zu trinken, wurde füllig und verlor ihre äußeren Reize. Sie scherzte resignierend: „Ich liebe Kartoffeln und junge Männer“.

1922 heiratete die 34-jährige Isadora Duncan in Moskau den 26 Jahre alten russischen Dichter Sergej Jessenin (1895–1925). Er war ein Trunkenbold, verkümmerte draußen in der Welt im Schatten seiner berühmtem Frau, liebte sie, stritt und schlug sich mit ihr, ging allein in die Sowjetunion zurück und hängte sich später in dem Zimmer auf, in dem er mit ihr die Flitterwochen verbracht hatte. Von ihren drei Kindern starb ein Sohn kurz nach der Geburt.

Isadora Duncan kam am 14. September 1927 im Alter von nur 40 Jahren auf höchst dramatische Weise ums Leben: Als sie mit einem Begleiter in einem offenen Bugatti in Nizza (Frankreich) spazieren fahren wollte, verfing sich ihr langer roter Seidenschal, den sie um ihren Hals geschlungen hatte, beim Start so unglücklich in den Radspeichen des Sportwagens, dass ihr der scharfe Ruck das Genick brach. Ihre Lebensgeschichte wurde in dem Streifen „Isadora“ (1968) mit Vanessa Redgrave in der Hauptrolle verfilmt.

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