Donnerstag, 20. Dezember 2007
Alice und Ellen Kessler: Die tanzenden Zwillinge
Video "GERMANY 1959 Alice & Ellen Kessler (Alanis Sharon)" von Youtube
http://www.youtube.com/watch?v=SBlqOFAQch0
Leseprobe aus der CD-ROM "Superfrauen: 14 Bücher auf einer CD-ROM" von Ernst Probst:
Das berühmteste deutsche Künstlerinnen-Zwillingspaar sind Alice und Ellen Kessler. Die beiden 1,75 Meter großen, blonden und langbeinigen Tänzerinnen eroberten nicht nur in Deutschland die Bühne, die Leinwand und den Bildschirm. Der Name „Kessler-Zwillinge“ gilt international als Markenzeichen für brillant-perfekte Tanz- und Gesangskunst im Revuestil.
Alice und Ellen Kessler kamen am 20. August 1936 als eineiige Zwillingstöchter des Ingenieurs Paul Kessler in Nerchau (Sachsen) zur Welt. Alice war die Erstgeborene, Ellen die Zweitgeborene. Ihr Vater schickte beide als Sechsjährige zum Ballettunterricht, damit sie lernen sollten, sich graziös zu bewegen. Doch dabei blieb es nicht. 1947 nahm das Kinderballett der Leipziger Oper die beiden Schwestern auf. 1950 haben sie mit Auszeichnung die Aufnahmeprüfung der Operntanzschule bestanden.
Die Familie Kessler zog 1952 aus der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in die Bundesrepublik Deutschland. Auch hier setzten die Zwillinge ihre Tanzausbildung fort. Beide gaben bald ihre ursprünglichen Berufsziele auf. Alice hatte Modezeichnerin und Ellen Ärztin werden wollen.
1952 wurden die „Kessler-Zwillinge“ vom Düsseldorfer Revuetheater „Palladium“ engagiert. Dort sah sie 1955 der Direktor des Pariser „Lido“, Pierre Louis Guerin, und verpflichtete sie an sein weltberühmtes Varieté auf den Champs-Élysées. Alice sagte hierzu: „Es war ein unbeschreibliches Gefühl, als wir Guerins Angebot erhielten. Fünf Jahre Lido. Es war für uns so wie die erste Mondlandung für einen Astronauten“. Und Ellen meinte: „Wir haben geglaubt, die Sterne zu erreichen, als wir am ersten Abend zum ,Arc de Triomphe‘ gingen“.
Im „Lido“ tanzte sich das Zwillingspaar innerhalb eines Jahres an die Spitze der britischen Tanzgruppe „Blue-Bell-Girls“. Nach dem Ablaufen des Vertrages mit dem „Lido“ 1960 gingen die beiden Schwestern nach Italien.
Die „Kessler-Zwillinge“ tanzten und sangen auf sämtlichen großen Showbühnen der Welt. Außer im Düsseldorfer „Palladium“ und im Pariser „Lido“ gastierten sie im „Persian Room“ in New York, im Pariser „Olympia“, im „Palm Beach“ in Cannes, im Londoner „Savoy Hotel“, im „Sands Hotel“ und im „MGM-Hotel“ in Las Vegas, im „Mandarin Hotel“ in Hong Kong, im „Tamanaco Hotel“ in Caracas und im „South Sydney League Club“ in Sydney.
Auf dem Bildschirm sah man die „Kessler-Zwillinge“ in Deutschland unter anderem in „Zu jung, um blond zu sein“, „Lieben Sie Show?“, „Alice and Ellen Kessler Show“, „Spiegelbilder Kessler Show“, „Das ist ihr Leben“, „Alice und Ellen im Gespräch“ und „Die sieben Todsünden“. Außerdem traten sie in zahlreichen Fernsehshows in den USA, Frankreich, Italien, England, Südamerika, Japan, Hong Kong, Österreich, Spanien, Holland und Australien auf.
Zu den deutschen Filmen der „Kessler-Zwillinge“ gehören „Okay Mama“ (1955), „Der Bettelstudent“ (1956), „Scherben bringen Glück“ (1957), „Die Zwillinge vom Zillertal“ (1957), „Tabarin“ (1957), „Vier Mädel aus der Wachau“ (1957), „Mit Rosen fängt die Liebe an“ (1957), „Gräfin Maritza“ (1957), „Der Graf von Luxemburg“ (1958), „Mein Mädchen war ein Postillion“ (1958), „Mein Schatz ist aus Tirol“ (1958).
Weitere Streifen drehten die Kessler-Zwillinge in Frankreich („La Francaise et l’Amour“, „Les Magiciennes“) und Italien („Gli Invasori“, „Ill Giovedi“, „Il Complesso“).
1961 standen die „Kessler-Zwillinge“ in Italien für ihre erste Fernsehserie vor der Kamera. Sie waren in Italien die ersten Frauen, die auf der Mattscheibe ihre wohlgeformten Beine zeigten. Obwohl dies in dicken und undurchsichtigen Strumpfhosen geschah, stöhnten viele Süditaliener „Mama mia“. 1962 wählten die Kesslers Italien als Wohnsitz.
Mit zunehmendem Alter spezialisierten sich die „Kessler-Zwillinge“ auf anspruchsvollere Stücke. 1976 beispielsweise traten sie am Münchner „Gärtnerplatztheater“ als „Anna I“ und „Anna II“ in dem Ballett „Die sieben Todsünden der Kleinbürger“ von Bert Brecht (1898–1956) und Kurt Weill (1900–1950) auf. Damit hatte man die Grundidee verwirklicht, ein persönlichkeitsgespaltenes Mädchen von Zwillingen darstellen zu lassen.
Die 43-jährige Ellen Kessler erklärte 1979 in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ vor dem Auftritt bei einem Gala-Abend für 1500 Friseure in Travemünde (Schleswig-Holstein), sie hätten schon mit 18 gedacht, „mit 30 ist alles vorbei, dann sind wir alt“. Doch jetzt seien beide Anfang 40, und es sehe so aus, als ob es noch weitergehe, auch über die Mitte der 1970-er Jahre markierte Grenze hinaus: „Wir wollen nicht noch mit 50 mit Netzstrümpfen und Grauhaar herumflattern“.
Alice Kessler sagte beim selben Interview: „Ich find’ das Altwerden nicht unbedingt was Schönes oder freue mich darauf. Aber Angst vorm Altwerden hab’ ich nicht – und man ist ja auch nur so alt, wie man sich fühlt“.
1987 wurden die „Kessler-Zwillinge“ mit dem „Bundesverdienstkreuz am Bande“ ausgezeichnet. Für ihre Verdienste bei der deutsch-italienischen Verständigung erhielten sie den Premio „Capo Circe“.
Das italienische RAI-Fernsehen engagierte 1988 die „Kessler-Zwillinge“ für eine Quizshow-Serie „Die Fabrik der Träume“, in der Alice und Ellen getrennt auftraten. 1992 feierte „Deutschlands Showexport“ sein 40-jähriges Bühnenjubiläum.
Schallplatten der „Kessler-Zwillinge“ entstanden in Deutschland, Italien, Frankreich, den USA, Japan und Spanien. Auch als Schriftstellerinnen haben sich die „Kessler-Zwillinge“ betätigt. Aus ihrer Feder stammen die Bücher „Fröhliche Wege zu einem völlig neuen Fitnessgefühl“ (1983) und ihre Autobiographie „Eins und Eins ist Eins“ (1996).
Alice Kessler hatte eine feste Beziehung mit dem französischen Sänger Marcel Amont, Ellen mit dem italienischen Schauspieler Umberto Orsini. Dass sie nicht geheiratet haben, führen Alice und Ellen nicht auf ihren Beruf oder ihr Zwillingsdasein, sondern auf die Sterne zurück. Eine Astrologin hatte ihnen prophezeit, im Haus der Ehe sei für sie nichts vorgesehen.
Seit 1986 bewohnen die „Kessler-Zwillinge“ ein Doppelhaus in Grünwald bei München, in dem der Wohn- und Bürobereich nur mit verschiebbaren Trennwänden abgeteilt sind.
Charakterlich sind die „Kessler-Zwillinge“ sehr verschieden. Die optimistischere Ellen mit den Grübchen im Kinn erklärte in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“, ihre Schwester Alice sei introvertierter, ruhiger, überlegter. Die zögernde Alice sagte über Ellen, diese sei spontaner, aggressiver und treffe schneller Entscheidungen.
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